Der nördliche Rand der Alpen, der überwiegend aus nicht metamorphen Sedimentgesteinen besteht, wird „Nördliche Kalkalpen“ genannt. Diese Gesteinsabfolgen bilden alle möglichen Landschaftsformen, vom Hochgebirge bis zu bewaldeten Hügeln und sind sehr oft reich an Versteinerungen.

In unserem Bereich südlich von München (zwischen Mittenwald im Westen und Kufstein im Osten und zwischen Bad Tölz im Norden und Innsbruck im Süden) kann man das Gebirge recht gut gliedern. Bei der Auffaltung der Alpen sind die Gesteine vom Untergrund abgeschert, nach Norden transportiert und mehrfach überschoben worden und liegen heute in größeren tektonischen Einheiten vor. Es kommen so identische Schichtglieder teilweise übereinander oder gleich alte Gesteine aus völlig verschiedenen Ablagerungsbereichen unmittelbar nebeneinander vor. Hier ist wirklich fast alles möglich.

Das Alter der Gesteine reicht von der ältesten Trias bis ins Miozän bzw. in die Gegenwart.

Tektonische Einheiten

In dieser Zone, die den weitaus größten Bereich der Nördlichen Kalkalpen bildet, liegen die Gesteine in bis zu vier übereinandergestapelten Abfolgen (=“Decken“) vor. Diese Gesteinsabfolgen sind nicht immer vollständig und die obersten natürlich bereits stark abgetragen. Man unterscheidet die Allgäudecke (unten), darauf die Lechtaldecke und zuoberst die Inntaldecke. An der Nordstirn dieser Decken sind noch Gesteine angepresst, die als „Randschuppe“ bezeichnet werden. Die tektonischen Abläufe und die Alpenentstehung allgemein ist sehr spannend, soll aber hier nicht vertieft werden. Es geht hier mehr um die paläontologischen Aspekte: Gesteine und deren Fossilien. Die Gesteine wurden überwiegend in einem nicht zu tiefen Randmeer auf dem südlichen Kontinent („alpiner Schelf“) abgelagert.

Alter: Beginn des Trias bis ins Paleozän

  • Haselgebirge (Ende Perm – Scyth): Salzgesteine, meist tektonisch ausgequetscht.
  • Reichenhaller Schichten (Scyth – Anis): überwiegend dunkelgraue Kalke und Mergel. Schelfmeersediment, Beckenbereich.
  • Wettersteinkalk (Ladin): hellgrauer, brauner und sehr reiner Kalk. Das Flachwasseräquivalent („Riffsediment“) zu den Reichenhaller Schichten.
  • Raibler Schichten (Ladin): überwiegend klastische Sedimente – Sandsteine, Mergel, aber auch Eindampfungsserien mit Kalziumsulfat (Gips), Dolomit und Kalken. Es gab eine Krise in der Erdgeschichte, sodass die Kalkablagerung vorübergehend zusammenbrach.
  • Hauptdolomit (Nor): sprödes Gestein, welches bei Verwitterung in eckige Teile zerbricht. Gebildet in einem sehr flachen Meer (Wattbereich). Als Sonderfazies Seefelder Schichten – bitumenreiche Gesteine, gebildet in anaeroben, abgeschlossenen Bereichen.
  • Plattenkalk (Nor): graue und braune Kalke aus einem absinkenden Schelfbereich ohne Mergelzwischenlagen.
  • Kössener Schichten (Rhät): dunkelgraue Kalk-Ton-Wechselfolgen, abgelagert in Beckenbereichen. Es gibt auch entsprechende massige Riffsedimente („Kössener Kalke“).

Im Jura war der alpine Schelf sehr stark gegliedert und es können mehrere verschiedene Ablagerungräume unterschieden werden. Je nach Tiefe oder anderen Voraussetzungen sind die verschiedensten Gesteine vorhanden.

  • Allgäuschichten (Hettangium – Aalenium): graue Fleckenkalke und –mergel, oft in Wechselfolgen. Gebildet in einem Beckenbereich.
  • Kendlbachschichten (Rhät – Hettangium): graue, braune, z.T. sandige Tone und Mergel, im oberen Bereich kalkig. Gebildet am Übergang vom Becken zur Schwelle.
  • Schnöllkalk (unterer – mittlerer Hettangium): charakteristischer, bunter, teilweise eisenreicher Kalk.
  • Adneter Schichten (oberes Hettangium – Aalenium): rotbraune, meist knollige Kalke mit Mergelzwischenlagen. Gebildet als Tiefschwellensediment.
  • Hierlatzkalk (überwiegend Sinemurium): Echinodermenschuttkalk, Schwelle.
  • Scheibelbergkalke (oberes Hettangium – Sinemurium): graue, braune, rote, kieselreiche Kalke, gebildet am Übergangsbereich von Schwelle zu Becken.
  • Klauskalk & Kieselkalk (mittlerer Jura): rotbraune kieselreiche Gesteine, in großer Tiefe abgelagert.
  • Ruhpoldinger Radiolarit (oberer Jura): rotes, violettes und grünes Tiefseesediment, überwiegend bestehend aus Radiolarien. Zerbricht in kleine Stückchen.
  • Ammergauer Schichten (Oberjura – Unterkreide): braune Kalke mit Kieselkonkretionen in manchen Bereichen. Auch „Aptychenschichten“ genannt. Überwiegend in einer Tiefe abgelagert, wo sich Ammonitenschalen auflösen, die calzitischen Aptychen aber nicht (CCD = calcite compensation depth).

  • Schrambachschichten: dunkelgraue Mergel. Mit diesen Gesteinen endet häufig die Schichtfolge im Karwendel und Vorkarwendelgebirge.
  • Andere Kreidesedimente: im Cenoman fand noch einmal ein Meeresvorstoß auf die alpinen Decken statt. Konglomerate sind gelegentlich überliefert. Ebenso die Tannheimer und Losensteiner Schichten, die nur sehr geringmächtig eingeschuppt vorkommen.
  • Gosau: in verschiedensten Gegenden der Nördlichen Kalkalpen findet man Sedimente der Oberkreide, die in kleinen Becken abgelagert noch erhalten sind. Diese sog. Gosauvorkommen sind Flachwasserablagerungen – es überwiegen Mergel. Das nächste Vorkommen ist in Brandenberg am Rofan.
  • Tratenbachschichten: (siehe Tertiär)
  • Tratenbachschichten: Die jüngsten Gesteine, die sich am Nordrand der Randschuppe erhalten haben – sandige Kalke und Sandsteine, die anhand von Mikrofossilien von der Oberkreide bis ins Tertär (Paläozän) gestellt werden können.

Die Gesteine des Flysch sind Ablagerungen aus einem ehemaligen Tiefseegraben, der sich in der Kreidezeit an der Nordstirn der herannahenden alpinen Decken bildete. Ein aktuelles Beispiel wäre der Tiefseegraben vor der Küstenkordilliere in Südamerika. Ein kleiner Teil wurde in die Gebirgsbildung mit einbezogen und liegt heute an der Oberfläche nördlich der Kalkalpinen Zone vor.

Alter: Kreide

  • Tristel-Formation: Vorherrschend sind Sedimentationszyklen aus Kalk-Mergel- und Tonsteinen. Die Dickbänke können auch kalkige Gesteinsbruchstücke und gröberen Biogenschutt enthalten. Quarzhaltige Sandsteine kommen nur untergeordnet vor. Die Gesteine der Tristel-Formation sind sehr verwitterungsbeständig. Alterseinstufung: Unterkreide.
  • Rehbreingraben-Formation: Die ehemals „Flysch-Gault“ genannte Serie besteht aus dunkelgrauen und grünlichgrauen Kieselgesteinen, deren Kalkgehalt von den älteren zu den jüngeren Abfolgen hin stetig zunimmt. Die Bänke sind nicht selten bis zu 3m dick! Charakteristisch sind die im unteren Bereich eines Zyklus auftretenden fettig-ölig glänzenden grauschwarzen Sandsteine, die auch „Ölquarzite“ genannt werden. Alterseinstufung: oberste Unterkreide.
  • Lahnegraben-Formation: Charakteristisch sind rote, grüne, graue und schwarze Tone und Tonmergelsteine. Untergeordnet kommen wieder Sandsteine vor. Alterseinstufung: oberste Unterkreide – unterste Oberkreide.
  • Ofterschwang-Formation: Hier dominieren bis mehrere Meter dicke graue Kalkmergel, die auffällig hellgrau und seidig-glänzend anwittern und schiefrig bis leistenförmig brechen. Untergeordnet kommen wieder Sandsteine und Tonsteine vor. Alterseinstufung: oberste Unterkreide – unterste Oberkreide.
  • Reiselsberg- Formation: Charakteristisch sind Sandsteine von verschieden großer Körnung, die rostfarben verwittern. Sie sind reich an Quarz, Muskovit und Gesteinsbruchstücken. Typisch sind mehrere Dezimeter dicke Bänke, möglich sind aber auch mehr als 10m! Untergeordnet kommen zwischen den Sandsteinlagen auch kalkige und tonige Ablagerungen aus Trübeströmen vor. Alterseinstufung: unterste Oberkreide.
  • Piesenkopf-Formation: Die ältesten Gesteine der ehemaligen „Zementmergelserie“ sind plattige, dünnbankige (höchstens 20cm) Sandsteine, Mergel und graue bis bunte Tonsteine (rot, grün). Sie sind auch aus Trübeströmen abgelagert, mit dem typischen grünlichen Tiefseeton nach jedem Zyklus. Alterseinstufung: Oberkreide.
  • Kalkgraben-Formation: Im Vergleich zur überlagernden Hällritz-Formation sind die Sedimentationszyklen häufig unvollständig – bevor eine untermeerische Lawine sich komplett ablagern konnte, kam bereits die nächste. Die Hartbänke sind dünner, feinkörniger, die Kalkmergel dafür häufig dicker als 50cm und verwittern auffällig ocker. Glaukonit kommt nur untergeordnet vor. Alterseinstufung: Oberkreide.
  • Hällritz-Formation: Die oberste Einheit der ehemaligen „Zementmergelserie“ besteht aus Sandsteinen, die manchmal auch Hornsteine enthalten, sowie Mergel- und Tonsteinen. Die Gesteine sind häufig bis zu 3m mächtige wiederkehrende Abfolgen (sog. Bouma-Zyklen), die nicht selten komplett sind. Die Ablagerungen stammen fast ausschließlich von untermeerischen Lawinen: Lockeres Sediment vom Schelf, wahrscheinlich ausgelöst von Erdbeben, glitt ab und in den Tiefseegraben. Dabei riss es immer mehr Material mit. Diese Lawine lagerte sich dann sortiert nach Schwere in der Tiefsee ab. Man erkennt in den untersten, dicken Bänken der Zyklen häufig eine gradierte Schichtung, das heißt: grobes Material unten, feines oben, mit allen Übergängen. Dann folgen feinkörnigere Gesteine wie Kalke und Kalkmergel. Das oberste Gestein eines solchen Zyklus ist immer ein graugrüner Tiefseeton, das eigentliche Sediment in einem solch tiefen Ablagerungsraum. In der Hällritzformation sind die Hartbänke besonders dick und die Komponenten darin besonders groß. Typisch ist eine deutliche Glaukonitführung in den Sandsteinen. Die Kalkmergelsteine sind nie mächtiger als 50cm. Alterseinstufung: Oberkreide.
  • Altlengbach-Formation: Charakteristisch ist das gemeinsame Vorkommen von Kalksandsteinen und Muskovit-führenden „Mürbsandsteinen“. Diese jüngste Einheit der heimischen Flyschzone ist nur selten erhalten und der obere Bereich ist von der Erosion gekappt. Alterseinstufung: oberste Kreidezeit bis Alttertiär.

Die wenigen überlieferten Gesteine des Helvetikums lagerten sich auf dem nördlichen Kontinent ab, auf den schließlich die kalkalpinen Abfolgen des Südlichen geschoben wurden. Dabei wurden einige Abfolgen überliefert. Sie wurden an den Nordrand der Flyschzone angeschweißt.

Alter: Oberkreide und Alttertiär (bis Eozän)

  • Seewen-Formation (Seewerkalk, Cenoman-Turon): grauer Kalkstein, sehr selten aufgeschlossen (z.B. am Tegernsee)
  • Amden-Formation (Coniac-unt. Santon): graue, z.T. sandige Mergel
    • Stallauer Grünsandstein-Formation (oberes Santon bis unteres Campan): grüner feinkörniger Sandstein, der zu 50% aus Glaukonit besteht.
    • Pattenau-Formation (oberes Campan): graue Mergel.
    • Gerhardsreit-Formation Schichten (Maastricht): dunkelgraue, sandige, glimmerhaltige Mergel.
    • Hachau-Formation (Maastricht): Sandsteine und sandige Mergel.
    • Glaukonitischer Sandstein (Paläozän): glaukonitreicher Quarzsandstein.
    • Alveolinenschichten: (unteres Eozän): grau-brauner Sandstein.
    • Assilinensandstein (Eozän): bräunlicher glimmerhaltiger Sandstein mit Assilinen.
    • Enzenauer Marmor (Eozän): rotbrauner quarzreicher Kalk mit gesteinsbildenden Nummuliten.
    • Stockletten (Eozän – Oligozän): graue Mergel.

    Als der alpine Deckenstapel am nördlichen Kontinent angekommen war, war der Tiefseegraben (Flyschzone) geschlossen. Durch die Auflast bildete sich aber stattdessen ein flaches Randmeer im Norden, in das der Abtragungsschutt der frühen Alpen geschüttet wurde. Dieses sogenannte Molassemeer exisitierte viele Millionen Jahre lang. Durch stetige Absenkung sind heute mehrere tausend Meter Ablagerungen in diesem Becken vorhanden. Auch der Südrand des Molassebeckens wurde noch von der Gebirgsbildung betroffen und liegt gefaltet vor.

    Alter: Tertiär (Oligozön – Miozän)

    • Tonmergelschichten (Rupel): marine Tonsteine und Mergel.
    • Bausteinschichten (älteres Chatt): überwiegend marine Sandsteine.
    • Cyrenenschichten (Chatt): brackische Mergelkalke und Mergel, wechsellagernd mit Kohleflözen.
    • Untere Bunte Molasse (Chatt): marine Sandsteine und Mergel.
    • Promberger Schichten (jüngeres Chatt): marine sandige Tonsteine und Mergel.
    • Obere Bunte Molasse (Aquitan): marine bis brackische Sandsteine und Mergel.

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