In der ausklingenden Saison 2019, nachdem ich bereits an den Vortagen fast jeden Tag unterwegs war, habe ich eine unserer alten Fundstellen im Karwendelgebirge abgeklappert. Dort gelangen Kurt und mir allerdings schon seit einigen Jahren keine nennenswerte Funde mehr – auch 2019 habe ich den gut zugänglichen Teil des fossilführenden Gebirgsbaches mehrmals abgegrast. An diesen Fundstellen besteht eine größere Chance auf die von uns angestrebten Blöcke mittlerweile eigentlich nur noch nach einem Hochwasser bzw. nach Sturzfluten und am Ende ist es dann zudem noch großes Glück, wenn der Block überhaupt fossilträchtig ist.
Der besagte zu anfangs etwas neblige und schon recht kalte Herbsttag versprach nach den ersten zwei Stunden des Umherwanderns keinerlei neuen Funde … somit war es Zeit für eine kurze Pause, umgeben von der Natur und dem Plätschern des Bachs … in der Einsamkeit der Berge geht man nie leer aus, egal ob man etwas findet oder nicht :). In diesen Momenten schweifen die Gedanken und der Blick umher und komischerweise wird er wohl in diesen „schöpferischen“ Pausen auch geschärft, da ich schon sehr oft genau in dieser Ruhe etwas finden durfte. So auch an diesem Tag … zwei für das geschulte Auge eigentlich auffällige Brocken nur wenige Meter voneinander entfernt … zuvor bin ich wohl einfach daran vorbeigelaufen. Damit war die Pause auch schon wieder beendet … hilft ja nichts :D.
Der kleinere der beiden Brocken war in wenigen Minuten aufgearbeitet, allerdings vollkommen leer …
Der größere Block war natürlich, wie sollte es auch anders sein, so verzwickt positioniert, dass ein Heraushebeln wesentlich aufwendiger gewesen wäre, als die direkte Bearbeitung … natürlich lag er auch vollständig im kühlen Nass :)!
So positionierte Blöcke, vor allem ab einer gewissen Größe, spalten oftmals nicht besonders gut, da ein Großteil der Kraft der Hammerschläge einfach ins Wasser und das umliegende Gestein übertragen wird. Ein direktes Prellen mit der Hammerkannte war auch nicht möglich, da er wie gesagt vollständig im Wasser lag – da wäre ich nur von oben bis unten nass geworden, hätte aber nichts dabei gewonnen. Nichtsdestotrotz habe ich ihn so lange mit Hammer und Meißel bearbeitet, vor allem in unmöglicher Position, da ich keine nassen Füße wollte, bis ein erhoffter Riss sich auftat … doch alleine dieser Riss hatte mir schon gut eine Stunde Arbeit abgefordert. Nachdem sich die Platte entlang der Schichtung gelöst hat, war noch etwas Hebelarbeit mit der Spitzhacke erforderlich … nasse Füße gab’s dann leider doch noch dazu.
Und was war drin? NICHTS :D! Vollkommen leer … nicht einmal ein Windungsrest. Gefreut habe ich mich trotzdem, endlich wieder ein paar Blöcke gefunden zu haben :).
An und für sich hatte ich den Tag im Bach als beendet erklärt, da ich mittlerweile sowieso recht erschöpft war, kalte nasse Füße hatte und das zuvorige Hämmern in einer unmöglichen und verdrehten Position seinen Tribut forderte. Ich wollte deshalb etwa 100 Meter bachaufwärts aus dem Bachbett hinaus klettern und mir einen einfacheren Weg zurück in die Zivilisation suchen, als durch das Bachtbett selbst.
Doch was durften meine Augen erblicken – einen weiteren verhältnismäßig großen Block. Nach sehr kurzer Überlegung und der vermeintlichen Einsicht, dass ich noch genügend Kraft hätte (jedenfalls war mein Geist sturer als mein Körper), habe ich mich entschieden, dass ich die Aufarbeitung direkt angehe … am Ende läuft der mehrere hundert Kilo schwere und ca. 200 Millionen Jahre alte Block noch weg 😉 … ?!
Ohne Umschweife ging es los. Erstmal waren ca. 30 Minuten Grabungsarbeit und die Entfernung des umliegenden Gesteins angesagt, um ihn aus dem Bachkies zu befreien. Als das erledigt war, wollte ich ihn senkrecht aufstellen, um ihn besser bearbeiten zu können – die Teile sind dann doch oftmals schwerer als man denkt, vor allem wenn sie noch durch das „Matschvakuum“ angesogen werden :). Aber auch das habe ich nach einiger Zeit mit vollem Körpereinsatz und gelegentlichem Nachgraben hinbekommen. Bereits beim Aufstellen konnte ich einige Eisen/Mangan-Konkretionen erkennen, da ein Teil der aufliegenenden Schicht bereits fehlte. Einen kleinen Ammoniten konnten ich dabei auch direkt erblicken.
Nach der Grabung und dem Zurechtrücken des Brockens ging es dann ans Zerlegen. Eigentlich war ich guter Dinge, dass der Block längs der marmoreum Kruste spalten würde – leider war dem nicht so. Schlussendlich habe ich alles grob zerlegt und mich dann im Sitzen um die „Kleinarbeit“ bzw. das Aufarbeiten der interessanten Schichten gekümmert. Gute zwei Stunden später war ich damit fertig – das Ergebnis war recht ernüchternd und vor allem hat mein Schlagarm langsam schlapp gemacht, sodass ich den Hammer am Schluss eigentlich nur noch fallen ließ und auf die Kraftübertragung zwischen Hammer und Stein durch die Gravitation hoffte :D.
Schlussendlich war außer dem kleinen zu Beginn sichtbaren Ammoniten – hierbei handelt es sich um einen Paracaloceras coregonensis (SOWERBY) – nichts Brauchbares zu finden – lediglich komplett verdrückte Exemplare und Windungsreste. Das möchte man bei dieser Schichtfläche eigentlich nicht vermuten, aber nunja 🙂 …
Die ganze Aktion brachte mir einen unangenehm brennenden Sehnenansatz in der Nähe des rechten Ellenbogens ein – das Brennen (vor allem unter Belastung) habe ich die darauffolgenden Tage aber erstmal ignoriert und bin davon ausgegangen, dass mein Arm nur ein wenig überlastet sei. Über die Wochen wurde es aber nicht sonderlich besser und die Diagnose war schlussendlich ein sogenannter Tennisarm. „Gott sei Dank zur Wintersaison“ dachte ich mir 😀 … Präparieren war jedoch auch nicht mehr möglich. Drei Monate habe ich die Thematik ignoriert und bin weiterhin davon ausgegangen, dass sie sich von selbst wieder bessert … das war aber leider nicht der Fall. Vor allem das Greifen und vertikale Heben war nur noch mit einem Brennen im Arm und wesentlich verminderter Kraft zu bewerkstelligen.
Nachdem die neue Saison langsam anklopfte, habe ich mich dann doch für eine etwas proaktivere Haltung zur Behandlung meines Armes entschieden. Ca. einen Monat später hatte ich das Ganze dann auch wieder im Griff, auch wenn mir jeder erzählen wollte, dass man diesen nicht mehr so schnell weg bekommen würde … wo ein Wille, da ein Weg :)!
Durch meinen manchmal etwas ausgeprägteren Hang zu Übertreibungen hatte ich wieder mal die Rechnung direkt und ohne Umschweife erhalten – und alles nur, weil ich nicht auf mein Gefühl und meinen Körper gehört habe.
Die Moral von der Geschicht: Nichts ist wichtiger als die Gesundheit – eine kleine Entscheidung und das Ignorieren von Hinweisen können eine ganze Kausalkette auslösen.
Wie heißt es so schön: „short term pain for long term gain“ – in diesem Fall ist jedoch der „short term pain“ die Entscheidung, den Brocken einfach noch ein paar Tage liegen zu lassen, um dann weiter zu machen, wenn der eigene Körper auch wieder dazu bereit ist.
In the fading season 2019, after I was already on the road almost every day, I canvassed one of our old sites in the Karwendel Mountains. However, Kurt and I have not been able to make any significant finds there for several years now – in 2019 I also grazed the easily accessible part of the fossil-bearing mountain stream several times. At these sites there is a better chance to find the blocks we are aiming for only after a flood or after flash floods and in the end it is also very lucky if the block is fossiliferous at all.
The said at the beginning somewhat foggy and already quite cold autumn day promised after the first two hours of wandering around no new finds … so it was time for a short break, surrounded by nature and the babbling of the brook … in the solitude of the mountains you never go empty-handed, whether you find something or not :). In these moments, the thoughts and the view roam and strangely enough, it is probably also sharpened in these „creative“ breaks, as I have very often been allowed to find something exactly in this silence. So also on this day … two for the trained eye conspicuous chunks only a few meters away from each other … before I probably just past em. So it went straight on … break completed :D.
The smaller of the two chunks was worked up in a few minutes, but completely empty …
The larger block was of course, how could it be otherwise, so trickily positioned that a levering out would have been much more complex than the direct processing … of course he also lay completely in the cold water :)!
Blocks positioned this way, especially above a certain size, often don’t split very well. Especially the force of the hammer blows are simply transferred into the water and surrounding rock. Direct bouncing with the hammer’s edge was also not possible, since, as I said, he was completely covered with water – I would only have gotten wet from top to bottom, but would not have gained anything from it. Nevertheless, I worked on it with hammer and chisel for so long, especially in impossible positions, until a crack opened up … but this crack alone had already taken me a good hour of work. After the slab came loose along the stratification, some more levering with the pickaxe was required … wet feet were then unfortunately still in addition.
And what was inside? NOTHING :D! Completely empty … not even a winding remnant. I was still happy to have finally found a few blocks again :).
After this quite hard work I had declared the day in the creek to be over, as by now I was quite exhausted anyway, had cold wet feet, and the previous hammering in an impossible and twisted position was taking its toll. I therefore wanted to climb about 100 meters upstream out of the creek bed and look for an easier way back to civilization than through the creek bed itself.
But what were my eyes allowed to behold – another relatively large boulder. After very brief consideration and the supposed realization that I still had enough strength (at least my mind was more stubborn than my body), I decided that I would tackle the workup directly … in the end the several hundred kilos heavy and round about 200 million years old block still runs away 😉 … ?!
I started without further ado. First I had to dig for about 30 minutes to remove the surrounding rock to free it from the stream gravel. When that was done I wanted to set it up vertically to be able to work on it better – the parts are often heavier than you think, especially when they are still sucked in by the „mud vacuum“ :). But even that I managed after some time with full body effort and occasional digging. Already while setting up I could recognize some iron/manganese concretions, because a part of the overlying layer was already missing. I was also able see a small ammonite directly.
After the excavation and the moving of the chunk I started to dissect it. Actually I was of good spirits that the block would split along the marmoreum crust – unfortunately this was not the case. In the end, I roughly disassembled everything and then took care of the „detail work“ or the processing of the interesting layers while sitting down. About two hours later I was done with it – the result was quite sobering and above all my striking arm slowly gave out, so that I actually only dropped the hammer at the end and hoped for the power transfer between hammer and rock through gravity :D.
In the end, except for the small ammonite visible at the beginning – this is a Paracaloceras coregonensis (SOWERBY) – nothing useful was to be found – only completely crushed specimens and winding remains. This is not what I expected from a stratigraphic surface like this, but well 🙂 …
The whole action brought me an unpleasant burning tendon attachment near the right elbow – but I ignored the burning (especially under load) for the following days and assumed that my arm was just a little overloaded. But over the weeks it didn’t get much better and the diagnosis was finally a so-called tennis elbow. „Thank God for the winter season“ I thought to myself 😀 … Fossil preparing was however also no longer possible. For three months I ignored the issue and continued to assume that it would get better on its own … but unfortunately that was not the case. Especially gripping and vertical lifting was only possible with a burning sensation in the arm and significantly reduced strength.
With the new season slowly knocking on the door, I decided to take a more proactive approach to treating my arm. About a month later I had the whole thing under control again, even though everyone wanted to tell me that you wouldn’t get rid of this inflammation anytime soon…. where there is a will, there is a way :)!
Due to my sometimes more pronounced tendency to exaggerate, I had once again received the bill directly and without further ado – and all because I did not listen to my feeling and my body.
The moral of the story: nothing is more important than your health – one small decision and ignoring clues can set off a whole causal chain.
… „short term pain for long term gain“ – in this case, however, the „short term pain“ is the decision to just leave the chunk for a few more days and then move on when your body is ready to do so again.